Überlauf der Edertalsperre im Jahr 2021.

Hochwasserrückhaltebecken, Talsperren, Polder

Hochwasserrückhaltebecken, Talperren und Hochwasserpolder gehören zu den wichtigsten Elementen des technischen Hochwasserschutzes.

Hochwasserrückhaltebecken

Hochwasserrückhaltebecken dienen dem alleinigen Schutz vor Hochwasser. Hierbei soll in erster Linie die ankommende Hochwasserwelle gedämpft, zwischengespeichert und nach dem Hochwasserereignis wieder abgeführt werden, so dass sich die Hochwasserschutzwirkung auch im Unterlauf eines Fließgewässers auswirkt.

Bis in die 80-er Jahre wurden viele Hochwasserrückhaltebecken mit einem Dauerstau konzipiert. Heute werden überwiegend Hochwasserrückhaltebecken als Trockenbecken („Grüne Becken“) realisiert, um die ökologische Durchlässigkeit und damit u.a. Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie weitestgehend zu gewährleisten.

Da die Stauanlagen auf ein bestimmtes Abflussereignis dimensioniert werden, in der Regel will man ein 50- bis 100jährliches Hochwasser beherrschen, verbleibt jedoch ein Restrisiko bei Überschreiten dieser Abflüsse.

Talsperren

Neben Hochwasserrückhaltebecken können auch Talsperren diese Rückhalte- und Speicherfunktionen im Falle eines Hochwassers übernehmen. Daneben dienen Talsperren jedoch oftmals auch noch zu anderen Zwecken wie der Energiererzeugung, der Freizeitnutzung, der Trinkwassergewinnung oder zur Niedrigwasseraufhöhung. Im Gegensatz zu den meisten Hochwasserrückhaltebecken staut eine Talsperre ein Fließgewässer dauerhaft zu einem Stausee auf.
Nach DIN 19700 (Teil 10, 2004) werden Hochwasserrückhaltebecken und Talsperren entsprechend ihrer Bedeutung klassifiziert. Die Klassen dienen der differenzierten Festlegung von Bemessungsanforderungen. Klassifizierungskriterien sind die Abmessung und Konstruktion des Absperrbauwerkes sowie die Stauraumgröße.

Übersicht zur Klassifizierung von Talsperren und Hochwasserrückhaltebecken nach Gesamtstauraum und Höhe des Absperrbauwerks

Klassifizierung

Unterscheidung von Talsperren und Hochwasserrückhaltebecken nach Gesamtstauraum und Höhe des Absperrbauwerks (HRB: Hochwasserrückhaltebecken, TSP: Talsperren).

Nach DIN 19700 (Teil 10, 2004) werden Hochwasserrückhaltebecken und Talsperren entsprechend ihrer Bedeutung klassifiziert. Die Klassen dienen der differenzierten Festlegung von Bemessungsanforderungen. Klassifizierungskriterien sind die Abmessung und Konstruktion des Absperrbauwerkes sowie die Stauraumgröße.

Stauanlagen, die die Kriterien des § 43 Abs. 1 Hessisches Wassergesetz (Höhe Stauwerk > 5,0 m und Volumen bis Stauziel > 100.000 m³) sowie Abs. 2 (Gefährdungspotenzial für die Unterlieger) des Hessischen Wassergesetzes erfüllen, unterliegen der Talsperrenaufsicht bei den jeweiligen Regierungspräsidien in Hessen.

Nach der Betriebsform wird zwischen ungesteuerten und gesteuerten Hochwasserrückhaltebecken unterschieden:

Ungesteuerte Becken besitzen ein klar definiertes Auslassorgan in Form eines Wehres, eines Durchlasses oder eines Kombinationsbauwerkes, dass nicht ohne weiteres verändert werden kann. Der Abfluss aus dem Becken ist hierbei eine Funktion des Beckenwasserstandes.

Gesteuerte Hochwasserrückhaltebecken haben einen größeren und zusätzlichen Abflussquerschnitt. Somit ist es möglich, bei Eintreffen einer Hochwasserwelle den Abflussquerschnitt kurzzeitig zu vergrößern, um u.a. mit einem Spülstoß das zu Beginn der Hochwasserwelle mitgeführte Geschwemmsel abzuführen. Alle gesteuerten Hochwasserrückhaltebecken sind mit technischen Regulierungseinrichtungen ausgestattet. Die Steuerung erfolgt durch Drosselorgane wie Schütze oder Schieber, deren Stellung per Hand oder automatisch vorgenommen werden kann.

Hochwasserrückhaltebecken und Talsperren müssen jederzeit einsatzbereit und betriebssicher sein. Dies bedeutet eine ständige Überwachung, Pflege und Unterhaltung. Dazu werden die Anlagen gemäß der „Verwaltungsvorschrift über die Wasseraufsicht bei Planung, Bau, Betrieb und Unterhaltung von Talsperren“ neben der ständigen Überprüfung durch den Betreiber auch jährlich durch das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde begangen. Die Sicherheit der Anlagen wird zudem durch die jährlichen Sicherheitsberichte, wie

  • Bericht des Betreibers für einen festgelegten Berichtszeitraum    
  • Stellungnahme des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie bezüglich der bodenmechanischen und hydrogeologischen Aspekte
  • Niederschrift über die örtlichen Überprüfungen durch die jeweiligen Regierungspräsidien
  • Zusammenfassende Beurteilung und Sicherheitsbericht der Talsperrenaufsicht
    dokumentiert.

Ein weiterer Aspekt für die Sicherheit der Anlagen ist der Betrieb durch qualifiziertes Personal. In Zusammenarbeit mit den Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Nordrhein-Westfalen unterstützt das Land Hessen die Organisation von Seminaren für das Betriebspersonal von Hochwasserrückhaltebecken und Talsperren.

Hochwasserpolder

Polder sind im Gegensatz zu Talsperren und Hochwasserrückhaltebecken Retentionsgebiete, welche bei Hochwasser ab einer bestimmten Höhe gezielt geflutet werden können. Dadurch kann die Wasserführung flussabwärts vorübergehend vermindert und dadurch die Spitze einer Flutwelle verkleinern werden. Derartige Polder unterliegen Nutzungsbeschränkungen, beispielsweise einem Bebauungsverbot. Sie sind sowohl vom Flussbett als auch von benachbarten intensiver genutzten Flächen durch Deiche getrennt.

Man unterscheidet ungesteuerte und gesteuerte Polder. Ungesteuerte Polder füllen sich ab einem bestimmten Wasserstand automatisch. Ist der Polder erst einmal gefüllt, findet keine weitere Hochwasserentlastung mehr statt. Bei einem gesteuerten Polder dagegen kann die Entlastung genau auf das Maximum der Hochwasserwelle abgestimmt werden, was wiederum eine frühzeitige und möglichst genaue Vorhersage des Hochwasserverlaufs erfordert. Zwischen zwei Hochwasserspitzen kann der Polder wieder entleert werden, so dass rechtzeitig vor der nächsten Hochwasserspitze der Retentionsraum wieder zur Verfügung steht. Mittels dieser Steuerung  können Hochwasserabwehrmaßnahmen flussabwärts optimiert und Hochwasserschäden teilweise erheblich vermindert werden.